Solidaritätskomitee Mexiko Salzburg - Würde durch Freiheit und Gerechtigkeit

Rechtliche Situation

Mitteilung über die rechtliche Situation von Jacobo Silva Nogales und Gloria Arenas Agis am 8. April 2009

Übersetzung: Florian Bauer

Wir, das Komitee “Wahrheit, Gerechtigkeit und Freiheit für Jacobo und Gloria”, bedanken uns für jede Form der Solidarität, die wir in der aktuellen Kampagne für die Entlassung unserer compañeros, der politischen Gefangenen Jacobo Silva und Gloria Arenas, erhalten haben. Als Erwiderung haben wir uns nun vorgenommen, über jeden neuen Schritt bis zur gerechten Entlassung zu informieren.

Obwohl seitens der Regierung kein politischer Wille für eine Freilassung existiert, müssten Jacobo und Gloria in wenigen Monaten das Gefängnis verlassen. Momentan befinden wir uns im letzten Abschnitt eines Kampfs, der nun schon neun Jahre dauert, und so halb haben wir die beiden wieder unter uns, ohne Mauern und ohne Gitterstäbe. Wir laden alle sozialen und politischen Organisationen, alle Kollektive, Kommunikationsmedien und Einzelpersonen dazu ein, die weitere Entwicklung des Falls mitzuverfolgen, um zu überprüfen, dass die Gesetze nicht weiterhin manipuliert werden und nicht auf rechtliche Winkelzüge zurückgegriffen wird, um die beiden ungerechtfertigt gefangen zu halten. Wir fordern auch auf, sich an der weiteren Verbreitung des Falls in der Öffentlichkeit und an Aktivitäten, die zur Freilassung beitragen können, zu beteiligen.

Zusammenfassung der rechtlichen Situation bis 8.4.2009

a) Vorgeschichte

Jacobo und Gloria wurden in zwei verschiedenen Prozessen gerichtlich verfolgt und verurteilt, in der Causa 94/99 in Toluca, Bundesstaat Mexiko, und 126/99 in Chilpancingo, Bundesstaat Guerrero, in beiden Fällen von Bundesgerichten.

In der Causa 94/99 von Toluca wurden sie wegen Verbrecherischen Zusammenschlusses zu fünf Jahren, sieben Monaten und 15 Tagen Haft verurteilt. Im Berufungsverfahren wurde die Strafe in zweiter Instanz auf fünf Jahre Gefängnis und die Bezahlung einer Strafe für beide herabgesetzt. Das Delikt des Verbrecherischen Zusammenschlusses wurde im Berufungsverfahren bestätigt, weil Gloria und Jacobo in keinem Moment ihre Mitgliedschaften beim EPR und beim ERPI verleugneten, beides Organisationen, die sich mit den Worten des Richters „zum Ziel gesetzt haben, Handlungen zu setzen, die die staatliche Sicherheit gefährden“ – in anderen Worten, weil es sich hier um bewaffnete Rebellengruppen handelt, deren Ziel der Aufstand gegen den Staat ist.

Gleichzeitig wurden sie, in der Causa 126/99 von Chilpancingo, zu sechs Jahren, elf Monaten und 19 Tagen wegen Aufruhrs verurteilt, zu zwei Jahren und zehn Tagen wegen Beschädigung fremden Eigentums, zu 21 Jahren wegen Mords und zu 20 Jahren wegen versuchten Mords, wobei sich die Strafen, indem sie hintereinander abgebüßt werden sollten, nach den Worten des zuständigen Richters auf 49 Jahre, elf Monate und 29 Tage Gefängnis summieren. Im Berufungsverfahren wurde das Strafausmaß in zweiter Instanz auf fünf Jahre wegen Aufruhrs und auf drei Monate wegen Beschädigung fremden Eigentums revidiert, während das Strafausmaß wegen Mords und versuchten Mords mit 21 bzw. 20 Jahren bestätigt wurde – in Summe 46 Jahre und 3 Monate Gefängnis.

Jacobo und Gloria haben direkte Verfassungsbeschwerde gegen diesen ungerechten Urteilsspruch eingelegt. Das Kollegialgericht gab der Beschwerde statt, was zur Folge hatte, dass der Einzelrichter ein neues Urteil erließ, das das vorhergegangene revidierte. Die Strafen wegen Mords und versuchten Mords wurden aufgehoben, es verblieben nur die Strafen wegen Aufruhrs (diese Strafe wurde ungesetzlicherweise auf elf Jahre und sieben Monate erhöht) und wegen Beschädigung fremden Eigentums (ebenfalls ungesetzlicherweise auf zwei Jahre und 7 Monate erhöht). Zusammen betrug das Strafausmaß nach den Worten des Richters 14 Jahre und zwei Monate, sowie 500 Pesos Geldstrafe.

Obwohl das eine merkbare Herabsetzung des Urteilsspruchs bedeutete, wurde die Ungesetzlichkeit fortgesetzt, indem die Strafausmaße für Aufruhr und Beschädigung fremden Eigentums hinaufgesetzt wurden. Am 8. Oktober 2008 haben Jacobo und Gloria eine neue direkte Verfassungsbeschwerde eingelegt, der das Kollegialgericht stattgegeben hat, sodass der Einzelrichter am 19. März 2009 ein neues Urteil erließ, das das vorhergegangene revidierte. Das Strafausmaß wurde endgültig auf sechs Jahre, elf Monate und 19 Tage wegen Aufruhrs und auf zwei Jahre und zehn Tage wegen Beschädigung fremden Eigentums festgelegt. Trotzdem wurde die Ungesetzlichkeit fortgesetzt, weil der Richter im Urteil festschrieb, dass sich die Strafen insgesamt auf acht Jahre, elf Monate und 29 Tage summieren müssen.

Weil Gloria und Jacobo mittlerweile schon neuneinhalb Jahre im Gefängnis sind, ordnete der Richter wegen Abbüßung des gesamten Strafausmaßes die unverzügliche Haftentlassung in der Causa 126/99 an.

b) Der rechtliche Kampf geht weiter

Die Verwaltungsbehörde für Verbrechensprävention und soziale Wiedereingliederung, die mit der Umsetzung der Urteilssprüche gegen Gloria und Jacobo beauftragt ist, anerkennt, dass das Strafausmaß in der Causa 126/99 von Chilpancingo abgebüßt wurde, vertritt aber den Standpunkt, dass in der Causa 94/99 von Toluca noch fünf Jahre Haftstrafe wegen Verbrecherischen Zusammenschlusses abgebüßt werden müssen.

Obwohl ihrer direkten Verfassungsbeschwerde im zweiten Prozess von Chilpancingo stattgegeben wurde, bleiben Gloria und Jacobo wegen einer Ungesetzlichkeit weiterhin inhaftiert, indem versucht wird, ihnen jede Einzelstrafe auf das gesamte Haftausmaß anzurechnen. Und das, obwohl in den mexikanischen Gesetzen seit Mai 2004, also seit nunmehr fünf Jahren, festgelegt ist, dass jene Strafen, die sich auf ähnliche, miteinander in Verbindung stehende oder voneinander abgeleitete Tatbestände beziehen – was im Fall von Jacobo und Gloria zutrifft, weil sie explizit von dem Tatbestand des »Aufruhrs« abgeleitet sind – gleichzeitig vollzogen und angerechnet werden müssen. Deswegen hätten sie, wenn die Verwaltungsbehörde gesetzeskonform gehandelt hätte, aus der Haft entlassen werden müssen.

c) Welcher rechtliche Schritt ist unlängst gesetzt worden?

Am 23. März dieses Jahres legten Jacobo und Gloria beim Kollegialgericht in Acapulco Beschwerde ein, der stattgegeben wurde und deren nachzufolgende Entscheidung noch aussteht.

Diese Entscheidung, sofern sie den Gesetzen geneigt sein sollte, müsste in dem Sinn ausfallen, dass das Hauptstrafausmaß im letzten Urteil in der Causa 126/99 jenes über sechs Jahre, elf Monate und 19 Tage wegen Aufruhrs ist und dass die Strafe wegen Beschädigung fremden Eigentums, weil sie geringer ausfiel und gleichzeitig vollzogen wurde, schon viel früher abgebüßt war, weswegen beide Haftstrafen schon seit 11. September 2006 abgebüßt sind, und nicht erst seit 21. September 2008, wie illegalerweise versucht wird, es darzustellen.

Wir warten nun auf die Entscheidung bezüglich der Beschwerde und erwarten in einigen Tagen das Urteil. Wir werden fortfahren, indem wir die nächsten rechtlichen Schritte setzen werden, über die wir dann bei Gelegenheit informieren werden.

Komitee Wahrheit, Gerechtigkeit und Freiheit für Jacobo und Gloria

FREIHEIT FÜR GLORIA ARENAS!!

FREIHEIT FÜR JACOBO SILVA!!

FREIHEIT FÜR ALLE POLITISCHEN GEFANGENEN!

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